Liebe deinen Feind

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    • Liebe deinen Feind

      Ich habe mich gerade an "Terry Pratchett - Thud" erinnert. Darin beschreibt er ein kleines Spiel, in dem zwei Parteien sich gegenüberstehen. Das Ziel ist natürlich den Gegner zu vernichten. Aber darum geht es mir gar nicht.
      Die Besonderheit des Spiels ist es, dass man die eine Hälfte des Spiels als Troll, die andere als Zwerg spielt. Nur wenn man mit beiden Seiten gut ist, gewinnt man.
      Das führt zu folgendem Buchausschnitt:
      Mr. Shine chuckled. "To study the enemy, you have to get under his skin. When you're under his skin, you start to see the world through his eyes."


      Der etwas pathetische Orson Scott Card meinte "you must love the enemy to truly understand him".

      Was ist dran? Wie weit muss man in des Gegners Schuhen laufen? Wie macht ihr das?
      Denn so wie Ender wirds wohl nicht gehen ;)
    • Liebe deinen Feind? Pathetisch ist dafür wohl doch eine deutliche Untertreibung.

      Die nüchterne Analyse ist anderen Arten der "Feindwerdung" dann wohl doch deutlich vorzuziehen. ;)

      Die politische Macht kommt aus den Gewehrläufen.
      Das kleine Rote Buch - Mao Zedong

      Ich bin ja auch nur irre in Kombination mit einem Ticken diabolischer Intelligenz. So eine Art Montgomery Burns auf Crack mit einem Gewaltproblem.
      Avalon
    • @ MoD3000

      was bedeutet: "Nur wenn man mit beiden Seiten gut ist, kann man gewinnen."?

      Gut, im Sinne von: gleich gut (keiner ist besser im Spiel)?
      oder gut, im Sinne von: Achtung und Nichtverletzen bzw. Fairem Verhalten (gegenüber dem "Gegner")?





      Willst du jemanden besiegen, im Spiel oder im Krieg, kannst du nur gewinnen, wenn du dich an seine Stelle versetzt und überlegst, was er wahrscheinlich als nächstes tun wird und deine Maßnahmen dem vorausgreifen. Hast du richtig gelegen, hast du einen Vorteil.
      An die Stelle des Gegners versetzt, kannst du - wenn du schaust, den "gleichen" Horizont sehen; den "gleichen" Raum überblicken.

      Das bedeutet nicht, ihm unter die Haut zu kriechen. Und das bedeutet nicht, ihn zu lieben. Jemanden studieren und sogar, "jemandem unter die Haut kriechen" muss noch lange nicht von Liebe begleitet sein. Sich an seine Stelle versetzen (in seine Schuhe stellen) auch nicht. Den Gegner verstehen hat auch noch nichts mit Liebe zu tun.

      Woher kommt es, dass das immer gleich gesetzt wird?

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von fletcher ()

    • Das sind zwei unterschiedliche Dinge.
      Was Terry Pratchett hier gemeint hat, war, dass du wie dein Feind wirst - im Buch exemplarisch an einem Troll, der Zwergengesänge und -essen studiert. Der Punkt ist, je besser du deinen Feind verstehst, desto weniger solltest du ihn als etwas Verachtenswertes, zu Beseitigendes abtun. Das ist zumindest das Ziel bei Thud - denn beide Spielseiten haben einzigartige Vorteile - die Zwerge sind viele und schnell, die Trolle stark und langsam. Nur wer mit beidem umgehen kann, gewinnt auch. Und ich finde, das kann man auch in diese Welt übertragen :)

      Card hingegen war schlichtweg pathetisch.
    • Original von MoD3000
      desto weniger solltest du ihn als etwas Verachtenswertes, zu Beseitigendes abtun.


      So weit so bekannt nur erkläre mir doch bitte warum ich das tun sollte? Der Einblick in meinen Feind dient schliesslich nicht der Aussöhung sondern der effizienteren Beseitigung.

      Die politische Macht kommt aus den Gewehrläufen.
      Das kleine Rote Buch - Mao Zedong

      Ich bin ja auch nur irre in Kombination mit einem Ticken diabolischer Intelligenz. So eine Art Montgomery Burns auf Crack mit einem Gewaltproblem.
      Avalon
    • Ich denke, dass MoD3000s Hinweis auf den Einblick in die andere Seite darin geprägt ist
      zu verstehen wieso der Feind das tut, was er tut. Es geht um die Frage warum er mein Feind ist. Jeder Mensch, jede Person strebt nach Etwas. Man verfolgt Ziele. Ein Mensch macht nicht einfach nur Etwas. Die Konquistadoren in Amerika zum Beispiel verfolgten Ziele. Sicherlich keine Ehrenvollen. Aber womöglich fühlten sie sich in ihren Taten gerechtfertigt. Für sie mag es ehrenvoll gewesen sein. Und das dürfte in Kriegen und auch im privatem Alltag genauso sein. Hätte man sich in der Vergangenheit und auch in der Jetztzeit besser mit den anderen Seiten beschäftigt, wäre man vielleicht in der Lage gewesen Konfliktfälle besser zu vermeiden. Konflikte arten zumeist in Verlusten aus. Das wiederum ist erneuter Zündstoff. Und so kann es endlos weitergehen. Oder man investiert seine Energie auf andere Weise.

      Was ich sagen möchte, ist, dass man sich selbst als gut einschätzt und den Gegner als böse. Das ist dann die sogenannte Schwarzweißmalerei in den Köpfen der Menschen.
      Würde ein Verständnis stattfinden, könnten Konflikte vielleicht sogar ganz wegfallen, da die Beweggründe möglicherweise vollkommen einfacher Natur sind.

      Auf der anderen Seite jedoch denke ich auch, dass man in erster Linie nur das sieht, was man sehen will. Deshalb vermute ich, dass es kein Hineinkriechen in den Anderen gibt, da man schlussendlich nicht der Andere ist. Es würde eher zu einer Reflektion der eigenen Person führen, da man doch wohl eher das eigene Handeln versteht.
      Also findet man nur sich Selbst wenn es überhaupt zu einem Verständnis kommt. Was hier die Feststellung bedeutet, dass der Gegner auch nicht viel anders ist als man Selbst.
      Mea Culpa: "Ich glaube, du bist von uns Beiden der mit den vielen Ideen..."
      Lord Syn: " Und du der, der sie nicht umsetzt!"
    • @ MoD3000

      "Das sind zwei unterschiedliche Dinge.
      Was Terry Pratchett hier gemeint hat, war, dass du wie dein Feind wirst - im Buch exemplarisch an einem Troll, der Zwergengesänge und -essen studiert. Der Punkt ist, je besser du deinen Feind verstehst, desto weniger solltest du ihn als etwas Verachtenswertes, zu Beseitigendes abtun. Das ist zumindest das Ziel bei Thud - denn beide Spielseiten haben einzigartige Vorteile - die Zwerge sind viele und schnell, die Trolle stark und langsam. Nur wer mit beidem umgehen kann, gewinnt auch. Und ich finde, das kann man auch in diese Welt übertragen :)"

      Okay, jetz verstehe ich, was gemeint ist.

      Wenn Menschen (auch sich grundsätzlich feindlich gegenüberstehende) durch irgendeinen Umstand aufeinander angewiesen sind (geteilte Gefahrensituationen zum Beispiel) und sie sich dabei persönlich kennen lernen - verliert sich das Bedürfnis, den anderen zu bekämpfen und wandelt sich das Verhältnis zueinander. Auch von ehemaligen Feinden, die Freunde wurden, weil sie mit dem Feind zusammen leben mussten ist das bekannt.

      Es gibt ja auch noch die Geschichten bzw. Berichte über Feinde, die sich nicht nur gegenseitig als würdigen hochgeachteten Feind schätzen, sondern wirklich Zuneigung füreinander empfinden. Trotzdem, dass sie sich gegenseitig bekämpfen und schließlich einer den anderen tötet.

      Es ist einfach nicht wahr, dass Lieben oder das einander Verstehen töten und bekämpfen verhindert. Genaus, wie es falsch ist, dass die totale Ablehnung oder Hass zwangsläufig zu Eliminierung führt.

      Die meisten Leute sind einzig aufgrund der Umstände Freunde oder Feinde.
      Genauso, wie beim Schachspielen.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von fletcher ()

    • "to walk a mile in someone's shoes" kann natürlich helfen, das Gegenüber ein Stück weit zu verstehen und auch Handeln nachzuvollziehen, aber mehr als eine widerwillige Akzeptanz wird kaum zu verwirklichen sein.

      Hass oder Abneigung entsteht ja meist auch aufgrund von Eigenschaften und nicht nur durch reines Handeln. Und die Persönlichkeit des Menschen kann man auch durch Emphatie nur schwer nachvollziehen.
      Ich glaube, dass das "Hineinversetzen" helfen kann, nicht gleich jedes Handeln des anderen als boshaft einzustufen, aber dass eine Grundablehnung immer bleibt, und wenn es hart auf hart kommt diese auch stärker ist, als das vorherige "Wenn ich du wäre...".
      Procrastination is like masturbation:
      It feels good in the begining, but in the end you realize you just fucked yourself.
    • Sehe ich ebenso. Das Handeln eines anderen zu verstehen ändert nichts daran das er durch dieses zum Feind wird. Um eine Feindschaft zu beenden sind andere Dinge nötig als blankes Verständniss.

      Die politische Macht kommt aus den Gewehrläufen.
      Das kleine Rote Buch - Mao Zedong

      Ich bin ja auch nur irre in Kombination mit einem Ticken diabolischer Intelligenz. So eine Art Montgomery Burns auf Crack mit einem Gewaltproblem.
      Avalon
    • Original von fletcher
      Die meisten Leute sind einzig aufgrund der Umstände Freunde oder Feinde.
      Genauso, wie beim Schachspielen.


      Nein, denn es kann sein, dass sich innerhalb von einer Gruppe von Menschen, welche unter den gleichen Umständen zusammentreffen, z. B. einer Seminargruppe, sich Freunde und Feinde herausbilden.
      Es hängt eher vom ersten Eindruck ab, oft sogar dem Aussehen, eben ob man jemanden "riechen kann".

      Aber was macht einen Feind eigentlich zu solch einem? Muss ein Verhalten vorausgehen?
      Quid est homo, quia magnificas eum?
      Unum est, quod locutus sum: Et innocentem et impium ipse consumit.
    • Nicht unbedingt aber eine Feindschaft die nur auf "nicht riechen können" basiert ist meines erachtens eine eher fragile Sache die sich durchaus mit gegenseitigem Verständniss aus der Welt schaffen lässt. Eine "echte" Feindschaft ist da ein anderes Kaliber die meiner Meinung nach erst dann entstehen kann wenn beide Parteien gegeneinander Arbeiten.

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      Avalon
    • Ich vermute, dass heute mit dem Wort "Feind" sehr verschwenderisch umgegangen wird.
      Konkurrenten oder Gegner werden sehr schnell zu Feinden, ohne dass ein konkreter Grund gegeben sein muss.
      Wobei ich glaube, dass eine Feindschaft vorallem dann entsteht, wenn die angewendeten Mittel den angemessenen Rahmen verlassen.
      Also wenn der Zweck alle Mittel heiligt.
      Procrastination is like masturbation:
      It feels good in the begining, but in the end you realize you just fucked yourself.
    • @Lazarus:

      Ja, definitiv. Eine wirklich tiefgehende Feindschaft kann nicht auf Oberflächlichkeiten basieren, man muss schon etwas dafür tun. Beim was stimme ich Amalthea weitestgehend zu, auf kurze Sicht ist so leicht eine Feindschaft zu erreichen aber auf lange Sicht genügen auch viele Kleinigkeiten bis eben ein Punkt erreicht ist an dem eine Aussprache nicht mehr möglich ist.

      Wiederrum stimme ich Amalthea zu, ein echter Feind ist ein eben so rares Gut wie ein echter Freund. Das meiste ist schlicht nur Abneigung und es dauert wie bereits gesagt lange bis der Hass auf den anderen bis ins Mark geht.

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      Avalon
    • Ich muss zugeben, dass ich noch nie einen "Feind" hatte. Es gibt Menschen, die mag ich, andere nicht und die meisten gehen mir am Allerwertesten vorbei.

      Aber selbst bei denen, die ich nicht mag, bin ich nur in einem sehr geringen Maße bereit in ihren Schuhen zu gehen, denn wenn ich jemanden nicht mag, bin ich ja auch nicht interessiert daran, seine Denkweisen zu verstehen. Im Gegenteil. Ich geh der Person aus dem Weg oder wehre mich im Angriffsfall.

      Allerdings bedeutet das nicht, dass ich nicht mit solchen Leuten gut zusammenarbeiten kann - im Gegenteil ist es eher oft der Fall, dass die Arbeit ausgesprochen konstruktiv ist, da man Emotionen bewusst ausklammert.
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    • Exakt in diesem Verteidigen sehe ich halt den großen Nutzen wenn man seinen Feind versteht. Wenn man es richtig beherrscht anderer Leute Aktionen vorraus zu ahnen kann man sich besser präventiv vor Angriffen schützen und vor allem angemessen zurück schlagen.

      Abneigung ist selten Contraproduktiv. Gerade in der Konkurenz die dadurch entsteht liegt doch der Grundstein wirklich guter Arbeit.

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      Avalon