Gedicht: Tote schreien nicht

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    • Gedicht: Tote schreien nicht

      Tote schreien nicht

      Lecker zieht der Duft von Haus zu Haus
      Ahnungslos zieht manch einer seine Nase kraus

      Und Wasser sich im Munde sammelt
      Gedanken sich in Hunger wandelt

      Schließt man die Augen und stellt sich vor
      Zu hören das Zischeln und Bruzzeln in seinem Ohr

      Wie die Hitze den Saft durch die Haut treibt
      hoch spritzt und wieder fällt dann auf den Leib

      Doch Haar, welches nicht entfernt wurde
      Kräuselt sich in der Hitze zu Tode

      Und bald schon wird aus leckrem Bratenduft
      Düster schwarzer Gestank, fast wie aus einer Gruft

      Und im Geiste so eben noch freudig den Braten sehend
      Sieht man nur noch verkohlte Reste, nur liegend nicht stehend

      Ein Flämmchen neckisch über die Nasenspitze huscht
      Verwandelt in ein loderndes Flammenmeer, der Haarbusch

      Die Lippen nun schwarz verkohlt geöffnet zum stummen Schrei
      Die Augen verkocht zum unkenntlichen Brei

      Und beendet ist erst das grausame Flammenfest
      Wenn zurückbleibt ein kleiner glühender Rest

      Und in der Ofenkammer gespenstischem Licht
      Wissen wir, Tote schreien nicht….

      Morticia, 25.04.03


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      Meine Motivation dieses Gedicht zu schreiben?

      Ich versuchte mir vorzustellen, wie das wohl für die zivile Nachbarschaft war, als man das erste Krematorium in einem KZ in Betrieb nahm... *makaber*